August Schubiger v/o Geist 10.05.1937-30.07.2023

31.07.2023 - Hugo Renz v/o Pille

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Nachruf

Dr. iur.

August Schubiger v/o Geist

SAKV Corona Sangallensis, AV Fryburgia,
AKV Kyburger, AKV Rauracia, AltCP

10.05.1937 - 30.07.2023


 

August Schubiger v/o Geist verstarb am 30. Juli 2023 in Stäfa. - Der Abschied von einem lieben Menschen ist immer auch ein Anlass, sich noch einmal an das Leben des uns nahestehende Verstorbenen zu erinnern, das ja immer auch ein grösserer oder kleinerer Teil unseres eigenen Lebens war. Bei Geist war seine Lebensgeschichte besonders reich und vielfältig. Nehmen Sie es mir deshalb nicht übel, wenn mein Nachruf etwas länger ausfällt!

Am 10. Mai 1937 wurde Geist geboren, als erster Sohn von Karolina und August Schubiger, die in Uznach einen Bauernhof führten. Es folgten drei Schwestern und zwei Brüder. Die Eltern waren aber nicht ausschliesslich mit ihren Kindern und ihrem Bauernhof beschäftigt, der Vater war auch Ortsbürgerpräsident von Uznach, die Mutter ausgebildete Modistin. Hier werden doch schon die vielfältigen Gene ersichtlich, welche die späteren, beinahe uneingeschränkten Vorlieben und Interessen, aber auch unverkennbaren Fähigkeiten von Geist erklären.

Die Schuljahre absolvierte Geist ohne Probleme in Uznach. Nach der 3. Sekundarschule verbrachte er ein Jahr im Institut Stavia in Estavayer le Lac. Zu seiner Berufswahl, schrieb er später in seinem persönlich verfassten Lebenslauf, im sog. «Goldenen Buch» der Verbindung Kyburger, einer Sammlung aller Lebensläufe ihrer Mitglieder, was folgt:

«Obwohl ich damals - genau wie andere Knaben in diesem Alter - den Ruf zum Priesterberuf verspürte - entschloss ich mich für einen anderen beruflichen Werdegang»: Das waren von 1954 -56 eine Verwaltungslehre bei der Gemeindeverwaltung Uznach und anschliessend 2 Jahre als Beamter beim Departement des Innern in St. Gallen. Dann aber, so heisst es im goldenen Buch weiter: «Ich sagte der etwas trockenen Karriere als Verwaltungsbeamter ab und entschloss mich zum akademischen Studium: Im Januar 1959 trat ich in die Kantonsschule St. Gallen ein, die ich mit der Handels Matura im Sack abschloss.» Ich darf weiter Geist zitieren: «Noch unreif immatrikulierte ich mich im Herbst 1960 an der Universität Freiburg im Uechtland. «Noch unreif» deshalb, weil ich im Alter von fast 24 Jahren noch hinter das Lateinbuch sitzen musste, um mich auf die für das Jurastudium erforderliche Lateinprüfung vorzubereiten. Das hinderte mich aber nicht, damals mit Begeisterung den Weg eines Couleurstudenten zu beschreiten». Geist wurde Mitglied bei der Friburgia, einer Verbindung des Schweizerischen Studentenvereins in Freiburg.

Nach dem ersten juristischen Teilexamen in Freiburg wechselte er an die Universität nach Zürich. Dort trat er in die Verbindung der Kyburger ein, mit der er Zeit Lebens eng verbunden blieb. Auch ich durfte ich ihn dort als Lebensfreund kennenlernen.

Bereits ein Jahr später wurde Geist Centralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins, dem damals ca. 70 Verbindungen und rund 7500 Mitglieder angehörten. Sein Bruder Benno v/o Terza erzählte mir, wie damals seine ganze Familie gespannt vor dem Radio die Mittagsnachrichten hörte und stolz vernahm, wie ihr Sohn und Bruder so ehrenvoll zum Präsidenten dieser grossen akademischen Vereinigung gewählt worden war.

1966 kehrte Geist an die Uni Freiburg zurück und erwarb dort ein Jahr später das Lizentiat beider Rechte.

Hier eine Bemerkung zum Thema: «Geist und die Musik», die ich überall in seinen Lebenslauf hätte einfügen können: Schon in jungen Jahren hat Geist die Musik entdeckt. Er liebte das Klavierspiel, übte mit seiner 2 Jahre jüngeren Schwester Liny um die Wette. Unvergessen, wie er fast täglich Chopins «Regentropfen Prélude» ins Klavier hämmerte oder mit seiner Schwester die «Petersburger Schlittenfahrt» vierhändig zum Besten gab. Zeitlebens war Geist auch ein Opern-Fan, der für seine Freunde unvergessliche Opernabende organsierte.

Nach dem Jus-Studium in Fribourg und in Zürich und nach Abschluss seiner Dissertation beim Freiburger Professor Peter Jäggi zum Thema «Der Leasing-Vertrag nach schweizerischem Privatrecht» - eine 1969 neue Materie - war Geist Assistent an der Handelshochschule St. Gallen.

Später wechselte Geist an die Uni Basel und trat bei dieser Gelegenheit auch in die Studentenverbindung Rauracia ein, deren Repräsentant in Zürich er später werden sollte. Eine in Basel begonnene Habilitation verfolgte er nicht bis zu ihrer Fertigstellung, sondern er eröffnete in Basel an der Theaterstrasse und später am Auberg eine eigene Anwaltspraxis. In Basel lernte Geist die aus Finnland stammende Leena Ruottinen kennen. Im Mai 1977 traten die beiden in der romanischen Kirche von Ottmarsheim im Elsass vor den Traualtar und gaben sich das Ja-Wort.

Mit der Liebe zu Leena begann auch die Liebe von Geist zu Finnland, die er dann später mit seiner ganzen Familie teilte. Mit ihr verbrachte er dort Jahr für Jahrdie Sommerferien. Er liebte dieses weite Land mit den zahlreichen Seen, und er erzählte immer wieder, wie er mit seinen Töchtern zum Fischen fuhr, Pilze suchte, Beeren pflückte und jeden Abend die Sauna einheizte.

Kehren wir wieder zum Lebenslauf zurück: Voller Freude und Dankbarkeit gaben Leena und Geist am 20. Oktober 1978 ihrer Familie und ihren Freunden die Geburt ihrer ersten Tochter Katja bekannt. Diese älteste Tochter blieb aber nicht lange allein. Im Laufe der Jahre kamen ihre Schwestern zur Welt: Mirjam, Claudia und Sandra. Geist war immer stolz und erfreut über seine grosse Familie. In Anbetracht seines beachtlichen Arbeitspensums war er stets dankbar, dass seine Frau Leena sich engagiert und liebevoll um seine Familie sorgte. Seine vier Töchter spielten im Leben von Geist bis zum letzten Tag eine zentrale Rolle. Es war zwischen Ihnen immer ein Geben und Nehmen. Er hat mir in den letzten Jahren bis zum Ende seines Lebens immer wieder erzählt, wie seine Töchter ihn unaufgefordert und intensiv betreuen und so sein Leben erleichtern würden.

Zurück in die 80er Jahre: Nach einiger Zeit der Tätigkeit in St. Gallen zog Geist mit seiner Familie in den Kanton Zürich nach Egg. Zuerst arbeitete er in einer Kanzlei am Bellevue in Zürich, unterstützt auch von Leena. Dann, in den frühen 80er-Jahren, trat Geist er als Partner in die angesehene Zürcher Anwaltskanzlei Reichenbach und Partner ein. Von diesem Zeitpunkt an hatte ich mit ihm wieder häufige Kontakte. Einige Jahre später, holte er mich in die genannte Anwaltskanzlei, und wir verbrachten so noch eine Reihe gemeinsamer beruflicher Jahre.

Geist war nie ein aggressiver, auf möglichst vieles Prozessieren ausgerichteter Anwalt. Nein, er suchte die Einigung, das gegenseitige Verständnis, den Frieden unter den zerstrittenen Parteien, was ihm vielfach auch gelang und langfristig stets allen Seiten zum Vorteil gereichte.

Zu einer weiteren Seite von Geist: Die berufliche Karriere und die vier Kinder zu Hause hinderten ihn nie daran, sich neben all seinem Engagement ebenfalls sportlich zu betätigen. Bald erkannte man auch in diesem Bereich seine Führungs-Fähigkeiten; er wurde Präsident des Panathlon Clubs Zürich und des Schweiz. Fechtverbandes. Während vielen Jahren pflegte Geist mit seiner Familie recht intensiv offensichtlich erfolgreich den Golfsport.

2007 zog Geist, nun schon 70 Jahre alt geworden, mit seiner Familie von Egg nach Stäfa um. Sein Leben wurde etwas ruhiger. In dieser späteren Zeit erhielt Geist von der Rauracia den Auftrag, ihren kaum mehr existierenden Lokalstamm in Zürich zu aktualisieren, was ihm bestens gelingen sollte. Monatlich versammeln seither stets eine Runde aus Zürcher und Schwyzer Raurachern am Stamm in der Weinstube am Central.

Vor einigen Jahren schon zeigten sich bei Geist bereits die ersten gesundheitlichen Gebrechen. Die zunehmenden Beschwerden und Einschränkungen, namentlich auch eine üble Blutentzündung im Fuss, veranlassten ihn vor einem Jahr, in Dübendorf eine Wohnung zu beziehen, da diese mit einem Tertianum-Pflegheim verbunden war.

Vor wenigen Monaten überraschte mich Geist mit der Mitteilung, dass er aus Gesundheitsgründen in das Alterszentrum Lanzeln nach Stäfa umziehen werde. Dort war dann bestens untergebracht und wurde auch gut betreut. Er war nicht mehr im 15. OG einquartiert, wie in Dübendorf, sondern er hatte ein Zimmer im Parterre mit Blick hinaus in die Natur. Ohne grosse Probleme konnte er mit seinem elektrischen Rollstuhl, wann immer es ihm passte, auch nach draussen fahren.

Ein letztes Mal besuchte ich Geist, zusammen mit zwei Freunden vom Zürcher Rauracher-Stamm am Donnerstag, 27. Juli in Stäfa. Es war das «aufgestellteste» Treffen seit vielen Jahren, wie Geist seiner Familie noch am selben Abend mitgeteilt hat, bei einem schönen Gläschen Wein. Ganz glücklich hat er uns mit einem «Chömed bald wieder!» verabschiedet.

Am 30. Juli erhielt ich von seinem Bruder Benno v/o Terza die deshalb völlig unerwartete Mitteilung, dass Geist seit Freitag nicht mehr ansprechbar war und in Anwesenheit seiner Gattin und seiner Töchter, die abwechselnd neben seinem Bett wachten, am Sonntagmorgen gewissermassen im Schlaf und ruhig gestorben sei. Eine Bemerkung seiner Tochter Claudia hat mich besonders gerührt: Ihr Vater sei zwar nicht mehr ansprechbar gewesen, aber mit einem feinen, beinahe glücklichen Lächeln habe er jeweils kundgetan, dass er schon wisse, wer wieder zu ihm an sein Bett gekommen sei.

Es sei mir erlaubt, mit einem studentischen Abschiedsgruss zu schliessen: «Wir weinen und wünschen Ruhe hinab, in unseres Bruders stilles Grab».

 

Hugo Renz v/o Pille